Wir müssen die Zukunft gestalten

Susanne Brandherm und Sabine Krumrey über echte Orte und den Wert guter Atmosphäre im digitalen Grundrauschen.

Hat der Boom der Innenarchitektur noch immer mit Corona zu tun?

Corona hat das nur beschleunigt, eine Veränderung von Anforderungen und Lebensrhythmen hätte es sowieso gegeben. Dies betrifft die verschiedene Bereiche Office, Privates Leben, Healthcare wie aber auch das Thema Hospitality im weitesten Sinne. Wir finden es spannend, dass sich zurzeit eine Offenheit ergibt, daraus entstehen neue Chancen für alle.

Unsere Auftraggeber möchten neue Raumkonzepte entwickeln, von Visionärem bis zur Umstrukturierung des Bestands. Alles ist in Bewegung.

Was heißt das konkret? Welches Projekt beschäftigt Euch im Augenblick?

Das eine spannende Projekt gibt es nicht. Durch unsere vielfältigen Arbeitsbereiche werden immer neue Herausforderungen an uns gestellt, das ist spannend. Wir wollen Neues mitentwickeln, dies geschieht zum einen bei einem großen Projekt zum Thema Serviced Apartment oder auch bei einem Wettbewerb zu Hospitality und Congress. Hier werden die Anforderungen neu definiert, denn wir planen ja nie für den jetzigen Zeitpunkt, sondern immer für die Zukunft. In die Glaskugel kann dabei niemand schauen, in generationsübergreifenden Gesprächen und Workshops wagen wir jedoch den Blick in die nächste Dekade.

Verändert sich die Wahrnehmung von Räumen? Steigt gar der Stellenwert und die Wertschätzung guter Innenraumgestaltung?

Die Wertschätzung von Innenräumen ist definitiv gestiegen – und nicht erst seit der Pandemie. Durch Veränderungen von Lebensmodellen sind Arbeitgeber mehr denn je bestrebt, auch durch die Arbeitsatmosphäre Mitarbeiter für sich zu gewinnen und zu binden. Fitnessräume und eine „gute Küche“ sind schon fast Standard.

Auch im privaten Bereich hat sich der eigene Anspruch verändert, ein »schönes« Zuhause ist als ein großer Mehrwert erkannt. Vielleicht hat dies auch mit der Digitalisierung und der damit verbunden Option des Homeoffice zu tun.

Lange Zeit wurde das Büro immer wohnlicher. Nun sitzen die Menschen im Homeoffice. Wie reagiert Ihr gestalterisch auf die seltsame Beziehung Arbeiten im Heim? Ist das überhaupt ein Feld für Euch?

Viele haben kein gut funktionierendes Homeoffice, da das die Wohnsituation einfach nicht zulässt. Homeoffice findet oft am Küchentisch statt, zwischen Geschirr, Kindern und Alltagssorgen. Mit der fortschreitenden Digitalisierung hat sich die Arbeitswelt verändert. Remote Work wird aber Standard werden. Wir arbeiten im Office, im Homeoffice oder an dritten Orten.

Wir gehen fest davon aus, dass Unternehmen als Basis bestehen bleiben. Das jetzige Homeoffice hält auf Dauer niemand aus. Wir vermissen den Flurfunk und den zwischenmenschlichen Austausch. Bestimmte Arbeitsprozesse funktionieren nur mit dem realen Team, Videokonferenzen sind nicht für alles die Lösung. Viele freuen sich, wieder in die Basis zurückkehren zu dürfen, auch, um mit dem Unternehmen und den Kollegen in Prozessen verbunden zu sein.

Wie ist Euer Ausblick, wie schätzt die weitere Entwicklung in den Bereichen Architektur und Innenarchitektur ein?

Klar gibt es bei uns auch immer ein Auf und Ab, so wie es eben im Leben ist. Da wir uns viel mit der Revitalisierung von Flächen und Projektentwicklungen beschäftige, sind wir immer mitten drin und fühlen uns mit unserem tollen Team sehr gut aufgestellt.

Susanne Brandherm studierte Innenarchitektur an der Fachhochschule Detmold, Sabine Krumrey an der Fachhochschule Rosenheim. Nach Stationen in verschiedenen Büros gründeten beide 1999 ihr gemeinsames Unternehmen brandherm + krumrey interior architecture mit Sitz in Hamburg und Köln.

www.b-k-i.de

Projektbilder
BASF Digital Farming GmbH

Gebäudetyp: Bürofläche
geplante Fläche: ca. 1.900qm
Fertigstellung: 2019
Standort: Köln

 

Das Startup BASF Digital Farming GmbH bietet unter der Marke xarvioTM digitale Produkte für die Landwirtschaft. Bei der Konzeption einer neuen Arbeitswelt für das Unternehmen im Kölner Rheinauhafen griffen brandherm + krumrey interior architecture das Thema »Digital Farming« auf. In der Kombination offener und geschlossener Workspaces mit informellen Meetingflächen bildet sich die Struktur einer abstrakten ländlichen Umgebung ab.

Das Unternehmen BASF Digital Farming GmbH hat seinen Sitz in einem der Kranhäuser im Kölner Rheinauhafen. Für die Gestaltung der ca. 1.900 Quadratmeter großen Büroflächen war einerseits der Kontrast zwischen neuesten digitalen Tools und Themen wie Natur und Landleben leitend.

 

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