NICHT NUR SAUBER, SONDERN REIN

Architekten-Künstler-Duo „honey & bunny“ räumt mächtig auf – vor allem mit unseren Zivilisationsneurosen. Saubermachen als symbolische Handlung. Szenen aus ihrem aktuellen Buch „Putzen. Eine Kulturtechnik.“

SALZBURG SÄUBERN

Die Architekten Sonja Stummerer und Martin Hablesreiter haben sich auch als Perfomer-Duett einen Namen gemacht. Als „honey & bunny“ dekonstruieren sie ebenso leidenschaftlich wie subversiv unseren Alltag. Nach verschiedenen Projekten etwa zur Kulturgeschichte des Essens wandten sie sich einer zentralen Alltags-Kuriosität zu: unserer Leidenschaft fürs Putzen – durchaus symbolisch und absurd, wie hier in Salzburg.

WIRKUNGSVOLLE WERKZEUGE

Das Gesicht der Reinlichkeit: „Rund um die häusliche Reinigung haben sich unzählige Mittel, Geräte und Apparate entwickelt, die von Kultur zu Kultur recht unterschiedlich sein können. Die Art und Weise, wie wir putzen, ist biologisch nicht vorgegeben, sondern kulturell erlernt.“ (Sonja Stummerer und Martin Hablesreiter)

FRANKFURTER FEINSTAUB

Welche Rolle spielte Sauberkeit in der Moderne? Neben „Licht, Luft und Sonne“ war Hygiene ein treibendes Motiv für den Entwurf der Frankfurter Küche durch die Wiener Wiener Architektin Margarete Schütte-Lihotzky. Wie meinte doch Stephan Grünewald: Der Frühjahrsputz sei „letztes Jahr etwas martialischer ausgefallen, weil man in privaten Bodenoffensiven sichtbar Schmutz zur Strecke bringen konnte“; Sonja Stummerer und Martin Hablesreiter zeigen, wie es wirklich geht.

NATÜRLICH SAUBER

„Der Wald hier ist aber auch in einem schlechten Zustand! Überall hat‘s Bäume!“, empört sich ein verliebter Obelix in „Asterix als Legionär“, als er eine mächtige Buche samt Miraculix umrennt. Sonja Stummerer und Martin Hablesreiter gehen einen Schritt weiter. Sie zeigen, wo der Hammer hängt: Auch die Natur verträgt einen Frühjahrsputz.

ÄNGSTE AUFPOLIEREN

Welche Rolle haben wir uns auferlegt? Und welche Ängste lauern hinter dem Staubsauber? „Saubermachen hat immer auch symbolischen Charakter, denn beim Putzen geht es nicht nur darum, Keime abzutöten, sondern auch darum, ein vordefiniertes Ordnungsprinzip herzustellen. Dinge und Handlungen, die nicht der gemeinschaftlichen Ordnung entsprechen, gelten dagegen als „schmutzig“: Dies reicht von den „schmutzigen“ Gedanken, die man hegt, über den „schmutzigen“ Sex, der im Gegensatz zu „sauberem“ Sex gesellschaftlich nicht geduldet ist, bis hin zum „schmutzigen“ Geschäft. Auch Geld kann „schmutzig“ sein, wenn es aus einer moralisch fragwürdigen Quelle stammt.

WAFFEN (NICHT NUR) EINER FRAU

„Wer putzt Ihre Wohnung? Sie selbst? Sind Sie ein Mann oder eine Frau? Putzen Sie gerne? Und falls ja, freuen Sie sich über einen Staubsauger als Weihnachtsgeschenk? Putzen ist ein gesellschaftspolitisches Phänomen. Mit der Art und Weise, wie wir putzen, zeigen wir unseren Zugang zu Gesundheit, Religion, Familie, Hierarchie, Konsum, Umwelt und Gesellschaft.“ (Sonja Stummerer und Martin Hablesreiter)

PUTZEN. EINE KULTURTECHNIK.

Aktuelle Buchveröffentlichung: Putzen. Eine Kulturtechnik. Von Sonja Stummerer, Martin Hablesreiter. Böhlau Verlag Wien, 1. Auflage 2020. 213 Seiten, 120 farb. Abb., gebunden. Ab 27,99 €

https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/putzen#

Fotonachweis: Ein Großteil der Fotos in diesem Buch entstand in Zusammenarbeit von Sonja Stummerer und Martin Hablesreiter (honey & bunny) mit der Wiener Fotografin Ulrike Köb und dem japanischen Fotografen Daisuke Akita.

Mehr zum genialen Duo:

https://www.honeyandbunny.com/