Nachlese
Diskurs Bauen: WerkBundStadt Berlin
Do., 30. März 2017, 19.00 Uhr, MAKK Köln

Mit der Auflösung des 2,8 Hektar großen Tanklagers am Spreebord soll ein ganzes Viertel in Charlottenburg-Nord wieder an die Stadt angebunden werden. Die Verantwortung für den Neubau des Wohn- und Arbeitsquartiers liegt in den Händen des Berliner Werkbunds. Die Erwartungen an die Struktur der Bebauung und Nutzung sind auf Seiten aller Beteiligter sehr hoch. Nicht nur städtebaulich und architektonisch, sondern auch von der Bevölkerungsmischung her soll die zukünftige WerkBundStadt mit rund 1.100 neuen Wohnungen ein lebendiges Stadtquartier werden, wie es seit Jahrzehnten nicht mehr gebaut wurde.

Grund genug, den Spiritus rector des Projekts, den Architekten Paul Kahlfeld, zugleich Vorsitzender des Deutschen Werkbundes, zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung ins MAKK Museum für Angewandte Kunst nach Köln einzuladen. Über einen nicht ganz einfachen Auswahlprozess wurden insgesamt 33 Architekten gewonnen, von denen jeder nach gemeinsam erarbeiteten Qualitätskritierien ein Haus auf dem Gelände bauen wird. Neben Paul Kahlfeldt wurden daher zwei weitere Köpfe nach Köln geladen, die exemplarisch für ganz unterschiedliche Positionen in der Architekturdebatte stehen: Christoph Ingenhoven, der zu den führenden internationalen Architekten zählt und sich für nachhaltige, ökologische und ästhetische Architektur einsetzen sowie Arno Brandlhuber, den der Kunsthistoriker und Publizist Arnold Bartetzky jüngst unter der Headline „Der Bestand bestimmt das Bewusstsein“ als einen der politischsten Architekten des Landes bezeichnete. Entsprechend lebendig verlief die Debatte, die zudem zeigte, dass es auch im weiteren Verlauf des Projektes nicht an Auseinandersetzungen fehlen wird. Die Forderung Brandlhubers etwa, die WerkbundStadt Berlin im Ganzen als soziale Stadt zu bauen, wird, so Kahlfeld und Ingenhoven, bei den vorgestellten Qualitätsanforderungen schon aus Kostengründen nicht so einfach zu erreichen sein.

Prof. Dr. Paul Kahlfeldt
Petra und Paul Kahlfeldt Architekten, Berlin,
Vorsitzender des Deutschen Werkbundes

Prof. Arno Brandlhuber
Brandlhuber+ Architekten und Stadtplaner,
Berlin

Der von Kritkern erhobene Vorwurf, das Quartier biete keine wirklichen neuen Perspektiven für die Herausforderung der Stadt von morgen, greift konzeptionell ins Leere und bedient geläufige Vorurteile. Schauen wir uns landauf, landab neue Wohngebiete an, so fällt, bis auf Ausnahmen, vor allem eine unglaubliche Monotonie und Einfallslosigkeit auf, die keinen echten Beitrag zur Stadtentwicklung leisten. Das im Sinne der Werkbund-Idee angelegte Berliner Projekt verspricht schon auf den ersten Blick eine ganz andere Qualität in der Wohungs- und Quartiersentwicklung – und das hochverdichtet – die man sich auch andernorts nur wünschen kann. Der Weg zur WerkbundStadt Berlin ist noch weit, offen sind z.B. das (komplizierte) Baurecht und die Investorenfrage. Die von Brandlhuber gestellte Frage, wie die Wertschöpfung durch den gestiegenen Grundstückspreis gerecht zu verteilen und für das gesamte Projekt sinnvoll einzusezten ist, bleibt brisant und verbindet die soziale Frage mit dem Wohnungsbau.

Christoph Ingenhoven
ingenhoven architects, Düsseldorf

Rundweg ein spannender Abend im MAKK, vor vollem Haus, mit drei unterschiedlichen Architektenbeiträgen zu Architektur- und Stadtentwicklung, die kaum eine Frage offen ließen und neugierig auf den weiteren Gang der Dinge machen. Dank auch an Petra Hesse, der Direktorin des MAKK, dass sie ihr Haus für diese Debatte geöffnet hat. Wird fortgesetzt!