BAUEN NEU DENKEN
Digitalisierung/KI im Bauwesen

Teil 3

»Klug angegangen, bringt die Digitalisierung einen riesigen Schwung in die Branche. Wenn jeder am Bau Beteiligte sich klar macht, wie er/sie sich digital vernetzen und neu aufstellen kann, entstehen völlig neue Möglichkeiten des Miteinanders und des Bauens,« so die Autorin und Bauingenieurin Weber-Lewerenz im Interview mit dem KAP Forum.

Welchen Beitrag können Digitalisierung und KI leisten, um die Herausforderungen der Baubranche stemmen zu können, haben wir vom KAP Forum ganz unterschiedliche Köpfe aus verschiedenen Bereichen der Welt des Bauens gefragt. Hier der 3. und letzte Teil.

Mit Beiträgen von Jörg Ziolkowski + Christian Wendling, Lisa Pusch, André Friedel, Marion Peyinghaus, Rainer M. Schäfer, Sarah Schlesinger, Andreas Muschter, Klaus Teizer, Daniel Theidel + Friedrich von Roth.

So schaffen wir die Bauwende!

 

 

1. Jörg Ziolkowski
Partner und Gesellschafter bei ASTOC Architects and Planners
Foto: © Nina Gschlößl
Christian Wendling
Unternehmenskommunikation ASTOC Architects and Planners
Foto: © Jörg Grzenia

Hey KI, plane mir ein Wohnhaus mit 5 Zimmern, Küche, Bad und Südbalkon!

Nach CAD und BIM nun die nächste kryptische Buchstabenfolge: KI, Künstliche Intelligenz. Die Digitalisierung springt in eine neue Dimension. Es geht um Intelligenz, eine Eigenschaft, die man doch nur Lebewesen zugesteht, natürliche Intelligenz. Doch eine künstliche Intelligenz setzt nun an, in allen gesellschaftlichen Bereichen disruptive Auswirkungen auf den digitalen Alltag zu verursachen.

Seitdem Chat GPT und Dall-E frei zugänglich sind, ist man nicht mehr sicher, ob der Verfasser eines Textes oder Bildes auch der geistige Urheber ist, oder ob hier nicht schon die KI zugeschlagen hat. Wissenschaft, Schule, Journalismus: überall, wo Text und Bild produziert werden, ist Vorsicht angebracht. Denn die Ergebnisse sind zumindest formal verblüffend. Also alles Teufelszeug? Eine neue Büchse der Pandora?

Fragt man die KI selbst, antwortet Chat GPT: „Intelligenz ist die Fähigkeit, Probleme zu lösen, zu lernen, zu verstehen, zu denken, Wissen anzuwenden und sich an neue Situationen anzupassen“. Damit sind wir bei der Kernkompetenz des Menschen und der Fragestellung, ob die KI den Menschen ersetzen kann, seine Erfahrung, seine Fähigkeit zu Lernen und Probleme zu lösen. Das bedarf einer differenzierten Betrachtung. Schauen wir uns ein durchaus vorstellbares Szenario im Bereich der Wertschöpfungskette Planen und Bauen an.

Beantwortet eine klassische Suchmaschine eine konkrete, einfache Frage noch mit konkret vorhandenem, von Menschen generiertem Wissen, so wird in nicht mehr ferner Zukunft eine KI nach Eingabe eines funktionalen Anforderungsprofils – Grundstück, Raumprogramm, Nutzung – selbstständig Teilaufgaben definieren, Lösungsansätze simulieren, vergleichen und schließlich eigenständig Grundrissentwürfe erstellen können.

Eine solche von der KI erstellte „Grundrissdatenbank“ stellt eine Bibliothek von Lösungen zur Verfügung. Proportionsregeln, Mindestmaße, Raumverknüpfungen und Belichtungsanforderungen, Regelwerke und Normen, Materialkennwerte und die Detailkenntnis bereits realisierter Gebäude ermöglichen den Algorithmen die Erstellung dieser Entwurfsvorschläge. Die Ergebnisse werden zunächst nicht die gewünschte Qualität haben, aber vielleicht verblüffen und überraschen. Allein die Anzahl der Varianten und die Geschwindigkeit der Erstellung darf man nicht ignorieren; und bei einer trainierten KI nimmt die Qualität der Ergebnisse zu. Die Bewertung und Auswahl der für die konkrete Planung passenden Ergebnisse liegt letztlich beim Planer. Solche beispielhaften Anwendungsfälle unterstützen unsere Arbeit als Stadtplaner und Architekt, ersetzen sie aber nicht. Sie können Inspiration sein, Prüfstein der eigenen Planung, plakative Kontraste erzeugen als Grundlage von Entscheidungen.

Aber ist dies dann bereits die Intelligenz, die man solchen Systemen zuschreibt? Wenn die Programmierer von künstlichen neuronalen Netzen mit einem dynamischen Entwicklungspotential sprechen, kann man sich vorstellen, dass das Spektrum potentieller Anwendungsfälle noch nicht absehbar ist. Die Möglichkeit, Arbeitsabläufe zu automatisieren, beinhaltet immer die Gefahr, Berufsbilder nachhaltig zu marginalisieren, schafft aber auch Raum, die gewonnene Bearbeitungszeit in die Suche nach mehr Qualität der Arbeitsergebnisse zu investieren.

Dies stellt vielleicht eine der größten Herausforderung der Digitalisierung dar, nämlich die Vorteile der Ressourceneinsparung und Effizienz nicht für kürzere Bearbeitungszeiten und günstigere Kosten zu nutzen, sondern in die Qualität unserer zunehmend komplexen Arbeit zu investieren. Schließlich braucht es für Kommunikation, Koordination und Kollaboration nach wie vor Menschen mit Empathie und Erfahrung.

Wir bleiben neugierig und kritisch.

Jörg Ziolkowski, Dipl.-Ing. Architekt, Partner und Gesellschafter bei ASTOC ARCHITECTS AND PLANNERS in Köln. Als BIM-Experte engagiert sich Jörg Ziolkowski regelmäßig als Referent bei diversen Fachveranstaltungen und u. a. als aktives Mitglied bei buildingSMART e. V. und als Mitglied der 12. Vertreterversammlung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.
 
Christian Wendling, Dipl.-Ing. Architekt, seit 2022 für die Unternehmenskommunikation von ASTOC ARCHITECTS AND PLANNERS zuständig. Zuvor arbeitete er bei renommierten Architekturbüros in Stuttgart, Düsseldorf und Köln sowie, an der Schnittstelle von Architektur und Öffentlichkeitsarbeit, als Geschäftsführer im Haus der Architektur Köln und beim BDA Köln.

2. Lisa Pusch
Projektleitung RE-BUILD-OWL, Technisches Gebäudemanagement, Kreis Lippe
Foto: © Joachim Stäbler

Wo liegen für Sie die Herausforderungen und Chancen von Digitalisierung und KI im Bauwesen, einer Branche, die sich bislang eher schwer mit dem Thema getan hat?

Aus kommunaler Perspektive liegen die Herausforderungen in den komplexen Entscheidungsroutinen, die die Auswahl und Beschaffung der Programme und die Anpassung der Prozesse in die Länge ziehen können. Schnittstellen-Problematiken, Fachkräftemangel und der hohe Workload kommen noch dazu. Kommunen können in ihrer Region Taktgebende sein, um die Digitalisierung in den Baubranche voran zu treiben: durch Anforderungen in den Ausschreibungen, durch Modellvorhaben und Expertise in den eigenen Reihen.

Das Bauen ist stark fragmentiert, viele unterschiedliche Gewerke treffen aufeinander und müssen miteinander verbunden werden. Bei vielen Großprojekten haben wir in den letzten Jahren ein krachendes Scheitern erlebt.

Bei so vielen Beteiligten, wie in der Baubranche, braucht es kooperative Lösungen und Abläufe, um miteinander partizipativ an Bauvorhaben zu arbeiten und sich gemeinsam weiterzuentwickeln. Wir müssen ausprobieren und aus unseren Erkenntnissen lernen, um so gemeinsam und mit allen Beteiligten die Transformation zu schaffen. Städte, Gemeinden und Landkreise haben als Bauherren und Rahmengebende eine große Verantwortung und Wirkkraft und können gemeinsam mit Planenden, Investoren, Industrie und Handwerk sowie Forschung vor mehr schaffen, als vielleicht aktuell denkbar erscheint, wenn der Blick nur auf die Herausforderungen fällt. Diesen lösungsorientierten Weg geht der Kreis Lippe bereits seit Jahrzenten, zuletzt mit der klimapositiven und zirkulären Sanierung der Kreishausfassade im Bestand und laufenden Betrieb im Rahmen vom Modellvorhaben Lippe_Re-Klimatisiert.

Wo stehen wir mit der Digitalisierung im Bauwesen? Was sind Hindernisse, was könnten Beschleuniger sein?

Wo kann die Digitalisierung konkret eingesetzt werden und wie kann sie den Bauprozess insgesamt begleiten, besser vernetzen und weiter voranbringen?

Es geht schon viel mehr, als aktuell möglich ist, wenn wir kooperativ und lösungsorientiert das Thema angehen und Wissenstransfer betreiben – auch interkommunal. Wir können viel voneinander lernen, ohne den jeweiligen Wettbewerbsvorteil zu verlieren. Hier kann Digitalisierung helfen, Transparenz zu schaffen, Austäusche stärken und Prozesse zu verändern. Diese methodische Herangehensweise nutzen wir auch in unserem aktuellen Modellvorhaben „RE-BUILD-OWL: Digitalisierungskompetenz zum zirkulären Bauen in Ostwestfalen-Lippe“ im Kreis Lippe. Gefördert vom Bundesbauministerium entwickeln wir co-kreativ mit unserem regionalen Netzwerk und unseren Partnern dem Wissenschaftsladen in Bonn e.V. und dem Institut für angewandtes Stoffstrommanagement eine kommunale Innovations- und Transferplattform rund um die Circular Economy im Bausektor. Wissensmanagement und Austausch stehen hier im Vordergrund.

Für kommunale Gebietskörperschaften mit ihrer föderalen Struktur gibt es die Notwendigkeit der Einhaltung der Rechts- und Prüfsicherheit, da die kommunalen und staatlichen Aufgaben in Ordnungen und Gesetzen definiert sind und es um Steuergelder und damit um immensens öffentliches Interesse geht. Dennoch sollte Aspekte des Datenschutzes, Rechts und der Prüfsicherheit nicht dazu führen, dass Kommunen handlungsunfähig werden und sich hinter den Regeln „verstecken“. Eingebettet im demokratischen Grundgedanken kann Digitalisierung helfen, Prozesse und Projekte gemeinschaftlich zu bearbeiten und voranzubringen, natürlich immer auf Basis des geltenden Rechts.

Technik ist nie neutral und wertfrei. Welche Werte und Regeln sollten mit dem Einsatz von KI und digitalen Arbeitsmethoden verbunden werden?

Lisa Pusch, Projektleitung RE-BUILD-OWL, Technisches Gebäudemanagement, Kreis Lippe.
Multidisziplinärin für räumliche Gestaltung, Digitalisierung und Forschung. Studium der Innenarchitektur (B.A.) an der TH OWL/Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur der. An der Bauhaus-Universität Weimar und an der University at Buffalo Master Studies in International MediaArchitecture (M.Sc./M.Arch.). Anschließend Projektmanagerin im Messebau in Köln. Parallel freiberufliche Tätigkeit im Bereich Innenarchitektur und Kommunikationsdesign. 2020 Lehrbeauftragte für Humanwissenschaften an der TH OWL. Seit Dezember 2021 Projektleitung von RE-BUILD-OWL beim Kreis Lippe, hier zuständig für die Konzeption und Entwicklung der kommunalen Innovations- und Transferplattform. Koordination des Projektteams zur Erreichung der Meilensteine sowie der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

3. André Friedel
Kompetenzverantwortlicher für BIM im Bereich Building Performance Projektmanagement bei Drees & Sommer SE
Foto: © Drees & Sommer SE

Wo liegen für Sie die Herausforderungen und Chancen von Digitalisierung und KI im Bauwesen, einer Branche, die sich bislang eher schwer mit dem Thema getan hat?

Die digitale Transformation ist in der Baubranche angekommen. Zum Beispiel ist die Methode Building Information Modelling – kurz BIM – kein Begriff, den man in den Akteuren groß erklären muss. BIM als digitaler und holistischer Ansatz für die Planung, den Bau und den Betrieb von Bauwerken ermöglicht eine transparente, effektive Arbeitsweise und hat komplexe Bauvorhaben im Griff.

Warum sich die Branche trotz dieser Mehrwerte mit der Digitalisierung schwertut? Das lässt sich nur mutmaßen: Einige Unternehmen haben keine Zeit für eine Implementierung von BIM. Geschäftsführer haben Vorteile gegenüber der Digitalisierung oder sind übervorsichtig, sich auf neue digitale Tools einzulassen. Manche befürchten einen großen finanziellen Aufwand oder viele Stunden Mitarbeiterschulungen. Aber die Digitalisierung zahlt sich aus – die Akteure unserer Branche werden es früher oder später bereuen, wenn sie jetzt zu lange warten.

Das stimmt. Mit Respekt stehen Investoren und Kommunen vor Hochhäusern oder großen Bauprojekten: Komplex, aufwändig und dazu oftmals ein Millionengrab sind die Befürchtungen. Aber auch diese Bauten rechnen sich – hier können Digitalisierungsmethoden wie BIM enorm helfen. BIM ermöglicht die durchgängige und effiziente digitale Zusammenarbeit aller am Bau beteiligten Akteure und Gewerke. Dieses Konzept, bei dem von einer möglichst einzig wahren Datengrundlage – der Single Source of Truth – ausgegangen wird, stellt sicher, dass alle Beteiligten ihre Entscheidungen auf der Grundlage derselben Daten, also desselben Wissensstandes treffen. Das spart Zeit, Kosten und sorgt für optimale Ergebnisse.

Das Bauen ist stark fragmentiert, viele unterschiedliche Gewerke treffen aufeinander und müssen miteinander verbunden werden. Bei vielen Großprojekten haben wir in den letzten Jahren ein krachendes Scheitern erlebt.

Wo stehen wir mit der Digitalisierung im Bauwesen? Was sind Hindernisse, was könnten Beschleuniger sein?

Fordert der Markt digitale Maßnahmen ein, so wird der digitale Wandel beschleunigt.  Die Bundesregierung setzt zum Bespiel bereits verpflichtend auf BIM bei Projekten der öffentlichen Hand. Die Vorteile dieser Methode liegen klar auf der Hand: Weniger Planungsfehler, weniger Zeitverzögerungen und das mit wenig Mehraufwand in der Planung. Doch trotzdem nutzt ein Großteil der deutschen Architektur- und Ingenieurbüros sowie Bauunternehmen die digitale Planungsmethode noch nicht. Zahlen des BIM-Monitors 2022/23 von BauInfraConsult zeigen, dass nur ein Fünftel der 300 Befragten – also nur 20 Prozent – aktuell mit BIM arbeiten. BIM wird in Unternehmen genutzt, weil es von den Kunden so gewünscht ist, um weiterhin wettbewerbsfähig zu sein oder auch, um interne Prozesse zu optimieren.

Mit unserer Erfahrung aus bereits über 500 BIM-Bauprojekten wissen wir um die Push- und Pullfaktoren. Die Markterfordernis und die Notwendigkeit, wettbewerbsfähig zu bleiben, lösen den Wandel aus. Optimierung der internen Prozesse und der Bauabläufe sind dann die konsequente Folge und fast schon ein Mitnahmeeffekt.

Gegen Lieferprobleme, Fachkräftemangel und immer komplexere Bauvorschriften kann allerdings auch die Digitalisierung allein nichts ausrichten. Hier braucht die Bauwirtschaft die Rückendeckung aus der Politik, zum Beispiel in Form eines vereinfachten Baurechts sowie gezielter wirtschaftlicher Entlastung von Innovationen in die Digitalisierung (sei es in Form von Hard- oder Software), damit die Branche an Fahrt aufnehmen kann. Der zweite wichtige Baustein der Digitalisierung, nicht nur in der Baubranche, sind günstiger, nachhaltiger Strom, erschwingliche und leistungsfähige Rechner und Speicher, sowie flächendeckend stabile, schnelle Datenverbindungen. Auch hier ist pragmatisches ergebnis- und zukunftsorientiertes Handeln der Politik notwendig.

BIM als digitale Planungs- und Baumethode ist erstmal die Grundlage. Darauf bauen dann auch KI-getriebene Tools auf, die die Arbeit auf den Baustellen und in den Büros erleichtern oder verbessern können. Alle Methoden dienen einer besseren Vernetzung und begleiten Bauprojekte lang – nicht nur phasen- oder gewerkeweise, sondern über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes. Eine vernünftige BIM-Planung sorgt nicht nur dafür, dass Planungsfehler später nicht den Bau und Betrieb erschweren. Sie liefert dazu viele Daten – eine umfassende Sammlung von Informationen zu Bau­tei­len, Systemen, Materialien, zu Pro­dukt­eigenschaften und Wartungs­intervallen. Diese Daten sind schließlich die Basis für eine umfassende Inbetriebnahme, einen sauberen Start in das Gebäudemanagement und die umfassende Grundlage für den optimalen, vielleicht sogar smarten Betrieb. Das saubere Steuern der Datensammlung über den Projektverlauf hin, ist eine der Kernkompetenzen eines digital versierten Projekt- und BIM-Managements.

Wo kann die Digitalisierung konkret eingesetzt werden und wie kann sie den Bauprozess insgesamt begleiten, besser vernetzen und weiter voranbringen?

Technik ist nie neutral und wertfrei. Welche Werte und Regeln sollten mit dem Einsatz von KI und digitalen Arbeitsmethoden verbunden werden?

Wir müssen auch in der KI Werte und Regeln, die auch im täglichen beruflichen Umgang miteinander gelten, implementieren. Wenn Entwickler eine KI aufsetzen, geschieht dies im Rahmen existierender gesellschaftlicher Strukturen und innerhalb sozialer Konzepte. Eine Frage, die sich zwangsläufig stellt, ist die nach der Wertschöpfung. Wir sollten Technologien und Tools nutzen, um Produktivität, Wertschöpfung und Innovationskraft zu steigern, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

 André Friedel, Architekt und Kompetenzverantwortlicher für BIM im Bereich Building Performance Projektmanagement bei Drees & Sommer SE. Er bringt langjährige, internationale Praxiserfahrung in BIM-basierter Planung, Realisierung und Management von Büro- und Gewerbebauten mit. Zusammen mit dem Team BIM-Solutions PM betreut André Friedel im Schwerpunkt anspruchsvolle Groß- und Multiprojekte und berät staatliche und private Organisationen und Unternehmen bei der strategischen und operativen Implementierung der BIM-Methode.

4. Prof. Dr. Marion Peyinghaus
Geschäftsführerin der CC PMRE
Foto: © Peyinghaus

Wo liegen für Sie die Herausforderungen und Chancen von Digitalisierung und KI im Bauwesen, einer Branche, die sich bislang eher schwer mit dem Thema getan hat?

Die Herausforderungen liegen insbesondere in der Investitionsunsicherheit. Immobilienexperten sind von Natur aus keine IT-Spezialisten. Einige digitale Tools und vor allem viele KI-Lösungen sind aktuell noch nicht ausgereift. Die Beurteilung, welche Technologieinvestition sich lohnt, fällt also schwer. Da die Implementierungskosten von IT-Systemen hoch sind, ist es naheliegend, dass die Branchenteilnehmer zögern. Wer dennoch jetzt handelt, profitiert. Denn die Lernkurve gehört zur digitalen Transformation dazu. Das gesamte Unternehmen – die IT-Systeme, die Prozesse und das Denken in den Köpfen – durchläuft einen Wandel. Wer diesen Transformationsprozess frühzeitig anstößt, ist dem Wettbewerb voraus und kann Effizienz- und vor allem Qualitätsvorteile nutzen.

Das Bauen ist stark fragmentiert, viele unterschiedliche Gewerke treffen aufeinander und müssen miteinander verbunden werden. Bei vielen Großprojekten haben wir in den letzten Jahren ein krachendes Scheitern erlebt.

Definitiv noch nicht da, wo wir sein sollten. Daher benötigen wir die angesprochenen Beschleuniger. Dazu gehören vor allem Branchenstandards, um aufwendige Eigenentwicklungen zu vermeiden und um den Datenaustausch zu vereinfachen. Zu oft erfinden wir das Rad neu und am Ende sind die Datenmodelle nicht mehr kompatibel. Darüber hinaus helfen IT-Fachkräfte, die als Multiplikatoren im Unternehmen die digitale Transformation vorantreiben. Die aktuelle Entlassungswelle in der Tech-Branche kann für traditionelle Wirtschaftszweige eine große Chance sein, um endlich die IT-Experten zu bekommen, die sie brauchen.

Wo stehen wir mit der Digitalisierung im Bauwesen? Was sind Hinternisse, was könnten Beschleuniger sein?

Wo kann die Digitalisierung konkret eingesetzt werden und wie kann sie den Bauprozess ingesamt begleiten, besser vernetzen und weiter voranbringen?

Die Ansatzpunkte sind mannigfaltig. In der Planung, in der Ausschreibung und Vergabe oder der Projektsteuerung. Auch auf der Baustelle selbst helfen verschiedenste Ansätze wie 3-D-Drucker, Virtual-Reality-Brillen oder eine KI-gestützte Mängelerfassung. Wichtig ist, diese Technologieinvestitionen kritisch zu prüfen: Wie oft geschieht dieser Anwendungsfall an? Wie viele Projekte bzw. Objekte sind betroffen? Durch diese beiden Fragestellungen lassen sich in Verbindung mit den Investitionskosten die IT-Lösungen bewerten. In der Gesamtbetrachtung des IT-Portfolios ist zudem die Kompatibilität entscheidend. Daten müssen zwischen den IT-Systemen automatisiert fließen. Andernfalls riskiere ich einen manuellen Zusatzaufwand.

Die Potenziale der KI sind aktuell noch nicht abschätzbar. Jedoch wird heute schon deutlich, dass mit Systemen wie ChatGPT und Co auch Schindluder getrieben werden kann. So ist bspw. ein Phishing mit gefälschten Emails oder Kurznachrichten möglich, um an vertrauliche Informationen zu gelangen oder Internet-Betrug zu begehen. Wie in der realen Welt, brauchen wir auch in der virtuellen Welt Regeln und Gesetze. Die Verabschiedung dieser Regelwerke braucht jedoch Zeit und Betrüger werden dieses Zeitfenster nutzen. Wie bei fast jeder Innovation müssen wir diesen Lernprozess aushalten. Wir als Branche können jedoch aktiv mitwirken, das Regelwerk umfassend und rasch zu gestalten.

Technik ist nie neutral und wertfrei. Welche Werte und Regeln sollten mit dem Einsatz von KI und digitalen Arbeitsmethoden verbunden werden?

Prof. Dr. Marion Peyinghaus, Geschäftsführerin der CC PMRE GmbH und Professorin für Immobilienmanagement und Projektentwicklung an der hochschule 21. Schwerpunkte ihrer Beratungsprojekte sowie der Forschung und Lehre sind die Gestaltung und Digitalisierung immobilienwirtschaftlicher Prozesse. Zudem begleitet Marion Peyinghaus die schweizerische Gesellschaft cctm als Verwaltungsratsmitglied und engagiert sich ehrenamtlich für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH.

5. Rainer M. Schäfer
Mitglied der Geschäftsführung der STRABAG Real Estate GmbH.
Foto: © STRABAG Real Estate GMBH

Wo liegen für Sie die Herausforderungen und Chancen von Digitalisierung und KI im Bauwesen, einer Branche, die sich bislang eher schwer mit dem Thema getan hat?

Immobilien zu entwickeln und zu bauen, bedeutet viele Faktoren zu beachten und sie in nachhaltigen und wirtschaftlichen Einklang zu bringen. Sinnvolle Digitalisierung, Klimaneutralität, EU-Taxonomie und die verschiedenen ESG-Kriterien sind Herausforderungen, die wir alle annehmen müssen und denen wir nur mit Innovation, digitaler Transformation, marktreifen KI-Lösungen und Erfahrung gleichermaßen begegnen können.

Die Digitalisierung im Bereich unsere Projektentwicklungen betrachten wir insbesondere aus der Perspektive der Nachhaltigkeit und Effizienzsteigerung von Prozessen. Dabei treibt uns die Frage nach der Balance zwischen Hightech und vermeintlichem Lowtech sowie den Anteil, den die Digitalisierung zur Nachhaltigkeit beitragen kann. Wie smart muss ein Gebäude sein? An welcher Stelle nutzt Digitalisierung und an welcher Stelle kann eine Besinnung auf Bautradition Vorteile bringen?

Das Bauen ist stark fragmentiert, viele unterschiedliche Gewerke treffen aufeinander und müssen miteinander verbunden werden. Bei vielen Großprojekten haben wir in den letzten Jahren ein krachendes Scheitern erlebt.

Das größte Hindernis ist an dieser Stelle definitiv der Fachkräftemangel. Um digitale Tools und KI-basierte Technologien wirklich effizient nutzen zu können, braucht es Kolleg:innen, die über das entsprechende Know How verfügen. Diesem „Flaschenhals“ können wir nur mit Aus- und Fortbildung sowie attraktiven Konditionen begegnen.

Klimawende, ressourcenschonendes Bauen, Reduktion von Co2-Emmissionen, erhöhte Baukosten sind nur einige Herausforderungen, die wir bewältigen müssen. Aber klare Vorgaben durch die ESG-Kriterien schaffen den Rahmen für neue Lösungen und Technologien. Klar definierte Ziele beschleunigen die Digitalisierungsprozesse enorm, da sich niemand eine abwartende Haltung mehr leisten kann.

Wo stehen wir mit der Digitalisierung im Bauwesen? Was sind Hindernisse, was könnten Beschleuniger sein?
Wo kann die Digitalisierung konkret eingesetzt werden und wie kann sie den Bauprozess insgesamt begleiten, besser vernetzen und weiter voranbringen?

Zum Beispiel der Einsatz von Generative Design (GD) revolutioniert unsere Arbeitsweise. Gerade in den frühen Planungsphasen eines Bauprojektes ist der Einfluss auf Ressourcen, Qualität, Kosten und Termine am größten. Mit GD simulieren wir beispielsweise im Rahmen der Regelungen eines Bebauungsplanes unzählige Varianten, indem wir die variablen Stellgrößen durchrechnen und auswerten lassen, sowohl zahlenmäßig als auch mittels virtueller Visualisierungen.

Wir sparen nicht nur erheblich Zeit ein, sondern der Algorithmus bringt unter Umständen auch Lösungen hervor, die im konventionellen Planungsprozess vielleicht nie diskutiert worden wären. So entstehen durch digitale Kreativität neue Perspektiven und vielfältige, innovative Varianten.

Künftig werden wir ebenso immer mehr KI im Bereich Robotic erleben: Auf unseren Baustellen kommen verstärkt Roboter zum Einsatz, die unsere Kolleg:innen vor Ort z.B. durch 3D Druck, beim Lastentransport, bei Aufmaß oder Qualitätskontrolle unterstützen.

Nicht zuletzt helfen Proptecs mit ihrer frischen Sicht auf die Branche und ihre Probleme dabei, bestehende Prozesse zu hinterfragen und neue Wege einzuschlagen.

KI-Systeme dürfen keine negativen Auswirkungen auf die Sicherheit, Gesundheit und Grundrechte von Beschäftigten haben. Ihr Einsatz muss für alle transparent erkennbar sein und die bestehenden Arbeitsprozesse sinnvoll ergänzen. So kann mehr Raum für menschliche Leistung entstehen, die KI uns nicht abnehmen kann. Aber allen muss klar sein, dass jede KI nur so gut sein kann, wie die Daten, mit denen sie arbeitet.

Technik ist nie neutral und wertfrei. Welche Werte und Regeln sollten mit dem Einsatz von KI und digitalen Arbeitsmethoden verbunden werden?

Rainer M. Schäfer, Dipl.-Betriebswirt, startete 1995 seine Karriere im Marketing des STRABAG-Konzerns. 2002 wechselte er als Bereichsleiter Köln in die operative Projektentwicklung der STRABAG Real Estate und hat in dieser Funktion eine Vielzahl von Projektentwicklungen (z.B. Forum Mittelrhein in Koblenz, Aquis Plaza in Aachen, MesseCity in Köln Deutz) in der Region realisiert. Seit 2017 Mitglied der Geschäftsführung der STRABAG Real Estate GmbH.

6. Sarah Schlesinger
Managing Partner und CEO, blackprintpartners GmbH
Foto: © blackprint

Die Digitalisierung der Baubranche als Spätzünder mit gewaltigem Potential.

90% unserer Zeit verbringen Menschen in umbauter Welt. Durch Funktion und Schutz liefernde Hüllen erfüllen Immobilien so eine gesamtgesellschaftlich übergeordnete Rolle. Hinzu kommt eine gesamtwirtschaftlich übergeordnete Bedeutung, denn die Kernwerte in den Bilanzen aller Wirtschaftszweige bestehen aus Immobilien. Die Bauwirtschaft hat also einen erheblich größeren Hebel als die meisten anderen Branchen. Trotzdem sehen Baustellen unserer Zeit im Wesentlichen aus wie vor hundert Jahren, Prozesse laufen analog, manuell, langsam. Die meisten Akteure auf und um Baustellen arbeiten nicht ineinandergreifend, sondern im schlimmsten Fall gegeneinander.

Gesunder Pragmatismus schafft es selten, sich durchzusetzen, stattdessen die Angst vor juristischen Konsequenzen. Wir finden uns nach wie vor damit ab, dass Probleme erst beim Bau erkannt werden, statt zuvor verpflichtend durchgängig BIM anzuwenden, um Konfliktchecks z.B. zwischen TGA-Planung und Statik anzeigen zu lassen. Wir finden uns damit ab, dass Baukosten nie unter Budget bleiben, sondern es stets teurer wird als geplant, länger dauert, weil nicht zu Beginn an alles gedacht wurde und viele Nerven drauf gehen beim Warten, Verhandeln und Umsetzen diverser Nachträge.

Trotz all dieser Fatalitäten war der Druck auf die Baubranche in den vergangenen Jahrzehnten nicht ansatzweise groß genug für Transformation. Ob Ihrer Zersplitterung in allein über 560.000 Handwerksunternehmen, die meisten davon Klein- und Kleinstbetriebe, gab und gibt es nach wie vor eine hohe Resistenz gegen Disruption. Doch die Veränderungstreiber von außen wirken – endlich – auch auf die Bauwirtschaft. Angekündigt bereits vor zehn Jahren drängt die Überalterung und Verrentung der Meister in Kombination mit fehlendem Nachwuchs und steuerlich schwierigen Betriebsübertragungen dazu, über Konsolidierungen wie auch effizientere Prozesse nachzudenken.

Technologien wie Automatisierungen, Off-Site-Construction, 3D-Druck sind längst da. BIM und jegliche Daten-Erfassungs- sowie -Verarbeitungstools, gepaart mit KI oder AR warten nur auf ihren Einsatz. Marktplatzmodelle zum Suchen und Finden von Bauleistungen oder auch Materialien erfreuen sich großen Wachstum.

Wagniskapital als Treiber sorgt für Wirbel, denn Startups sorgen mit diversen innovativen Geschäftsmodellen und Produkten für Schwung, den die etablierte Branche sich selbst nicht verschaffen wollte. Ob grüner Beton, Materialpässe oder Zirkularitäts-Angebote für Sanierungsobjekte: es gibt wenig weiße Flecken und wenig legitime Ausreden.
Von den rund 800 Startups im Immobilienlebenszyklus entfallen allein rund 19% auf die Bau- & Sanierungsphase, 1/3 auf die gesamte Errichtungsphase (inkl. Planung).

Im PropTech Sektor ist dies auch der Bereich mit der höchsten Anzahl an Startup-Finanzierungsrunden, was ein hohes Interesse von Investoren und gleichzeitig hohes Disruptionspotential der Baubranche ausdrückt. Während diese auf dem drittletzten Platz im Digitalisierungsranking steht, weil die handelnden Akteure die Innovations-Pubertät vollkommen verschlafen haben, d.h. eine Phase, in den letzten zehn bis zwanzig Jahren, in der sich Technologien rasant entwickelten, in der Zeit gewesen wäre, sich langsam anzunähern und Innovationen auszuprobieren, droht der Branche jetzt – zum Teil zu Recht – Konsolidierung.

Steigende Materialpreise und Lohnkosten, gepaart mit einem Höchststand an Sanierungsstau, in Kombination mit steigenden ESG-Anforderungen sowie regulatorischen Daumenschrauben, bilden einen explosiven Cocktail aus Veränderungstreibern, der die Baubranche gravierend umbauen wird, so dass diese in zehn Jahren nicht ansatzweise mehr die gleiche sein wird.

Auch wenn die Idee der Digitalisierung in der Bauwirtschaft spät gezündet hat, so hat sie ob ihrer übergeordneten Bedeutung und Verantwortung, gesellschaftlich, ökologisch und wirtschaftlich, gewaltiges Potential, das es auszuschöpfen gilt.

Es bleibt zu wünschen, dass die sog. grauen Eminenzen an vielen Schlüsselpositionen in Verbänden, Institutionen und Unternehmen schnell die richtigen Weichen stellen und Raum schaffen, für eine beschleunigte Transformation auf allen Ebenen!

Sarah Schlesinger, Managing Partner und CEO, blackprintpartners GmbH.
In ihrer Rolle vernetzt sie gezielt etablierte Immobilienunternehmen, PropTechs und Wagniskapitalgeber miteinander und treibt digitale Geschäftsmodelle zur Schaffung einer nachhaltig funktionierenden Bau- und Immobilienwirtschaft voran. Im ZIA leitet sie die Projektgruppe ESG & Digitalisierung, im BITKOM ist sie Vorständin des AK Digital Construction & Real Estate. Vor ihrer Zeit bei blackprint gründete und führte sie vier Jahre lang ein eigenes PropTech und leitete sechs Jahre für einen internationalen Shoppingcenter-Betreiber die Servicegesellschaften zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. 2019 wurde Sarah Schlesinger mit dem Deutschen Exzellenz-Preis in der Kategorie „Manager & Macher“ ausgezeichnet. Das Branchenmagazin immobilienmanager wählte sie zudem 2019, 2020, 2021 und 2022 unter die Top 25 Frauen der Immobilienwirtschaft.

7. Dr. Andreas Muschter FRICS
CEO DACH EDGE Technologies
Foto: © EDGE

Wo liegen für Sie die Herausforderungen und Chancen von Digitalisierung und KI im Bauwesen, einer Branche, die sich bislang eher schwer mit dem Thema getan hat?

EDGE gehört zu den Pionieren der digitalen Transformation, sowohl was die technologische Ausstattung unserer Gebäude betrifft als auch im Bereich Projektentwicklung. Dabei geht es uns aber auch immer darum die Chancen, zum Beispiel im Bereich des Energiesparens, gegen bestehende Cyber-Risiken sowie Nutzen und Kosten aus Kundensicht sorgfältig abzuwägen. Digitalisierung ist ein fortlaufender Lernprozess, der immer neue Herausforderungen bereithält und zugleich immer neue Möglichkeiten eröffnet. Man wird mit jedem Projekt besser und innovativer. Für die Baubranche, wie sie sich heute in der Mehrheit noch darstellt, ist die entscheidende Herausforderung, diesen Prozess überhaupt erst mal ins eigene Geschäftsmodell zu implementieren. Die Chancen, die sich dadurch bieten, sind letztlich dieselben wie in allen anderen Branchen: Effizienzsteigerung, Kostensenkung und eine deutlich höhere Qualität auf der Produktebene. Letzteres ist deshalb entscheidend, weil auch die Baubranche Klimaschutzziele erreichen muss. Mit konventionellem Bauen ist das schlicht unmöglich. Was nun die aktuelle „KI“-Thematik betrifft, also ChatGPT und Co., werden darüber mittelfristig sicher bestimmte Arbeitsbereiche disruptiert, etwa in den Architekturbüros, aber das setzt bekanntlich auch neue Kräfte frei.

Das Bauen ist stark fragmentiert, viele unterschiedliche Gewerke treffen aufeinander und müssen miteinander verbunden werden. Bei vielen Großprojekten haben wir in den letzten Jahren ein krachendes Scheitern erlebt.

Wie gesagt, angesichts der Klimaschutzfrage und dem mit ihr verbundenen ökonomischen Druck ist die Digitalisierung des Bauwesens alternativlos, viele haben es nur noch nicht realisiert. Doch inzwischen kommt Bewegung in die Branche, weil immer mehr Projektentwickler auf Building Information Modeling (BIM) setzen und dieses Verfahren seine effizienz- und qualitätssteigernde sowie kostensenkende Wirkung erst dann im vollen Ausmaß entfaltet, wenn alle Projektpartner eingebunden sind, also auch die Bau-Betriebe. Kurz: Die Digitalisierung ist ihr eigener Beschleuniger. Allerdings löst sie auch Ängste aus, nämlich dort, wo sie disruptiv wirkt. Wenn etwa durch die neuen Möglichkeiten digitaler Bauteilfertigung modulares Bauen wieder an Attraktivität gewinnt, bedeutet das auch, dass klassische Gewerke auf der Baustelle weniger zu tun haben, weil viele Arbeitsschritte im Vorfeld von Robotern erledigt werden. Das wird die Baubranche zweifellos verändern, aber Angst ist ein schlechter Ratgeber. Es gilt sich der neuen Realität zu stellen, dann wird man auch von ihr profitieren.

Wo stehen wir mit der Digitalisierung im Bauwesen? Was sind Hindernisse, was könnten Beschleuniger sein?
Wo kann die Digitalisierung konkret eingesetzt werden und wie kann sie den Bauprozess insgesamt begleiten, besser vernetzen und weiter voranbringen?

Nahezu jeder Prozess ist digitalisierbar und wird somit früher oder später auch digitalisiert werden. Die Einbindung aller Projektbeteiligten bis hin zu den ausführenden Gewerken in die BIM-Planung macht das Bauen einfach schneller, günstiger und besser – Reduktion von Betonverbrauch und Emissionen, weniger kostspielige Fehler auf der Baustelle, höhere Zirkularität.

Zunächst einmal ist „Künstliche Intelligenz“ ein irreführender Begriff, der eventuell falsche Ängste produzieren kann. Vor allem geht es dabei um „Machine Learning“, also digitale Lernprozesse, die uns zeitaufwändige Arbeit abnehmen und helfen, Energieverbrauch und Emissionen zu minimieren. Angesichts des Klimawandels ist das schon ein enormer Wert. Als problematisch werden hauptsächlich Datenschutzfragen empfunden. Wenn etwa ein Gebäude automatisiert Daten erhebt, wer sich wann und wo in ihm aufhält, dann dient das dem Energiesparen, birgt aber auch die Gefahr des Eingriffs in Persönlichkeitsrechte. Die entsprechenden Werte werden auf politischer Ebene definiert, Aufgabe der Entwickler digitaler Lösungen ist es, die Regeln einzuhalten und eventuellem Missbrauch einen – digitalen – Riegel vorzuschieben. Was hingegen die Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen im BIM-Verfahren betrifft, ist nicht Datenschutz, sondern größtmögliche Transparenz zum Wohle aller Beteiligten der wichtigste Wert und Grundlage für eine verlässliche Compliance-Kultur.

Technik ist nie neutral und wertfrei. Welche Werte und Regeln sollten mit dem Einsatz von KI und digitalen Arbeitsmethoden verbunden werden?

Dr. Andreas Muschter FRICS, Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg, CFO Commerz Real AG 2009-2012, dort CEO 2013-2020, CFO The Student Hotel 06-12/2020, Vorstand Zech Group 12/20-08/22, CEO DACH EDGE Technologies, 08/22-heute

8. Klaus Teizer
Vollack Gruppe
Foto: © Vollack Gruppe

Wo liegen für Sie die Herausforderungen und Chancen von Digitalisierung und KI im Bauwesen, einer Branche, die sich bislang eher schwer mit dem Thema getan hat?

Die gesamte Wertschöpfungskette „Planen – Bauen – Betreiben“ befasst sich mit dem Megathemen der Digitalisierung, nicht zuletzt mit dieser tiefgreifenden Veränderung werden die Türen auch weiter aufgestoßen für die Nachhaltigkeit bei gleichzeitiger Reduzierung von Verschwendung durch Building Information Modeling und Lean Construction. Mit Building Information Modeling (BIM) liegen im digitalen Bauwerksmodell einheitlich strukturierte Informationen zu vielen praktischen Anwendungsfällen vor. Die Königsdisziplin ist es jetzt, aufbauend auf schlanken und verschwendungsarmen Arbeitsschritten, das digitale Planen, Bauen und Betreiben mit BIM und KI-basierten Algorithmen hin zu komplett digitalen Geschäftsmodellen zu erweitern.

Bereits heute gibt es beispielsweise erste KI-basierte Anwendungen in der Entwurfs- und Planungsphase von Gebäuden. Hier werden Algorithmen zur Generierung von sinnvoll machbaren Varianten als Beschleuniger eingesetzt, um vorliegende Projektinformationen zu optimieren. Der Bauherr und spätere Nutzer der Immobilie wird dabei zur bestmöglichen Variantenfindung aktiv eingebunden.

Die größte Herausforderung liegt darin, dass die Informationen der Bauwirtschaft sehr heterogen und Bauprojekte äußerst aufwendig und komplex sind. Das heißt, viele Akteure generieren in vielen verschiedenen Projektphasen Unmengen von Daten. KI-Algorithmen können aber erst dann lernen und Aufgaben übernehmen, wenn Daten strukturiert und standardisiert vorliegen. Hier liegt noch eine große Herausforderung. Dennoch spüren wir die Zeitenwende – auch wenn vieles sich noch im Stadium der Erforschung befindet, können schon konkrete Vorteile für das Tagesgeschäft erzielt werden.

Das Bauen ist stark fragmentiert, viele unterschiedliche Gewerke treffen aufeinander und müssen miteinander verbunden werden. Auftraggeber und -nehmer von Großprojekten haben deshalb schon zu oft ein krachendes Scheitern erlebt. Das ist nicht zuletzt bedauerlich für die Vertrauensbasis, die gerade auch in unserer Branche nötig ist.

Obwohl BIM bereits länger im Einsatz ist, kommt die Bauindustrie bei der Digitalisierung nicht richtig voran. Das hat auch eine im Februar erschienene Studie von PwC bestätigt. Demnach sehen die Unternehmen ein großes Potenzial im Einsatz von BIM. Allerdings klafft zwischen erkannten Potenzialen und vorhandenen Fähigkeiten in den Unternehmen eine riesige Lücke. Als Gründe gelten fehlendes Fachwissen und der Fachkräftemangel. Wir wundern uns darüber. Bei Vollack ist BIM seit Jahren gelebte Praxis, auch im Verbund mit Lean Construction. Das begeistert junge und erfahrene Fachkräfte. Als Experten für nachhaltiges Planen und Bauen setzen wir zudem digitale Techniken erfolgreich ein, um Arbeitswelten bereits in der Planungsphase für unsere Kunden zu visualisieren und so erlebbar zu machen.

Ein Beschleuniger der Digitalisierung können meiner Meinung nach die immer komplexer werdenden Bauaufgaben sein – aufgrund von projektspezifischen Anforderungen und gesetzlichen Vorgaben. Um diese in Zukunft bewältigen zu können, muss die Digitalisierung der Branche deutlich Fahrt aufnehmen. Veränderung braucht Mut – das gilt auch bei der Digitalisierung. Um Hürden zu überwinden und das Tempo zu steigern, hilft in vielen Fällen Handeln nach dem Motto: „Einfach machen!“

Wo stehen wir mit der Digitalisierung im Bauwesen? Was sind Hindernisse, was könnten Beschleuniger sein?
Wo kann die Digitalisierung konkret eingesetzt werden und wie kann sie den Bauprozess insgesamt begleiten, besser vernetzen und weiter voranbringen?

Durch Building Information Modeling sehe ich eine große Chance für die Nachhaltigkeit beim Planen und Bauen und damit für die Dekarbonisierung der gesamten Wertschöpfungskette. Eine frühzeitige digitale Gebäudeplanung und die digital gestützte Ausführung erlauben es, die Stellschrauben für eine nachhaltige Immobilie früh und verlässlich zu stellen. Im Hinblick auf den fortschreitenden Klimawandel sollte sich die Planungs- und Bauwirtschaft mit Elan der Digitalisierung widmen – um für zukunftsweisende Gebäude zu sorgen und auch, damit junge Menschen Lust bekommen, in einer so innovativen Branche zu arbeiten.

Der ethische Dialog zur Wechselbeziehung von Menschen und intelligenten Maschinen in Vereinbarkeit zu gesellschaftlichen Normen und Werten durch den Einsatz von KI-Anwendungen beginnt erst. Aus meiner Sicht sind auch hier die Unternehmen gefragt, Haltung zu zeigen. Eine wertebasierte Haltung und das entsprechende „Ver-halten“ sind Grundlagen einer Unternehmensführung, die auch für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Verbund mit menschlicher Kompetenz tragfähige Lösungen entwickelt.

Technik ist nie neutral und wertfrei. Welche Werte und Regeln sollten mit dem Einsatz von KI und digitalen Arbeitsmethoden verbunden werden?

Klaus Teizer, war nach dem Bauingenieurstudium in Karlsruhe und Wien viele Jahre im Bau- und Projektmanagement tätig. Heute ist er bei der Vollack Gruppe für Technik und Innovation verantwortlich. Er ist als Lehrbeauftragter am KIT und der Hochschule Karlsruhe tätig, engagiert sich ehrenamtlich als Vorstand bei buildingSMART Deutschland e. V. sowie als Sprecher bei der buildingSMART-Regionalgruppe Oberrhein. Beim German Lean Construction Institute e. V. (GLCI) engagiert er sich im Bereich der Nachwuchsförderung und im Kompetenzzentrum für „Integrierte Projektabwicklung“ (IPA). Darüber hinaus veröffentlicht und referiert er zu Nachhaltigkeit, Innovationen und digitalen Geschäftsmodellen.

9. Daniel Theidel
Geschäftsführung, landschaft ID GmbH und
Friedrich von Roth
BIM-Modeler, landschaft ID GmbH
Foto: © landschaft ID Gm

Wo liegen für Sie die Herausforderungen und Chancen von Digitalisierung und KI im Bauwesen, einer Branche, die sich bislang eher schwer mit dem Thema getan hat?

Die Digitalisierung und der Einsatz von KI im Bereich der Landschaftsarchitektur bietet sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Eine der größten Herausforderungen besteht darin, dass die Gestaltung der Landschaft in der Regel ein sehr kreativer Prozess ist, der nicht immer leicht zu automatisieren ist. Hier müssen neue Ansätze gefunden werden, um die Potenziale von Digitalisierung und KI zu nutzen.

Das Bauen ist stark fragmentiert, viele unterschiedliche Gewerke treffen aufeinander und müssen miteinander verbunden werden. Bei vielen Großprojekten haben wir in den letzten Jahren ein krachendes Scheitern erlebt.

Eine weitere Herausforderung ist die Vernetzung der verschiedenen Akteure in der Landschaftsarchitektur. Hier kann der Einsatz von digitalen Technologien und Plattformen dazu beitragen, eine bessere Zusammenarbeit und Kommunikation ermöglichen. Die intelligente Vernetzung von verschiedenen Akteuren kann dabei helfen Probleme zu lösen. Im Besonderen kann sie dafür sorgen, dass über die gleiche Problematik gesprochen wird. Hierfür bieten sich AR- und VR-Anwendungen an. In der Landschaft ID versuchen wir diese Methoden zu implementieren.

Die Chancen von Digitalisierung und KI in der Landschaftsarchitektur in der Möglichkeit, Prozesse zu optimieren, Kosten zu senken und die Qualität der gestalteten Landschaft zu verbessern. Durch den Einsatz von 3D-Modellen und virtuellen Simulationen können Landschaftsarchitekten ihre Projekte realistischer darstellen und so eine bessere Zusammenarbeit und Kommunikation mit den Bauherren und anderen Beteiligten erreichen.

 

Im Bereich Landschaftsarchitektur hat die Digitalisierung in den letzten Jahren bereits Fortschritte gemacht. Die Möglichkeit, die Landschaftsgestaltung mit Hilfe von 3D-Modellen und virtuellen Simulationen zu visualisieren und zu optimieren, hat den Gestaltungsprozess bereits vereinfacht und beschleunigt. Planung und Ausführung müssen mittels Digitalisierung näher zusammenwachsen. Dies bedingt eine Bereitschaft auf beiden Seiten.

Ein Hindernis für die Digitalisierung ist jedoch die begrenzte Verfügbarkeit von Daten und Informationen. Um die Potenziale von Digitalisierung und KI vollständig nutzen zu können, ist eine umfassende Datenerfassung und -analyse erforderlich.

Wo stehen wir mit der Digitalisierung im Bauwesen? Was sind Hindernisse, was könnten Beschleuniger sein?
Wo kann die Digitalisierung konkret eingesetzt werden und wie kann sie den Bauprozess ingesamt begleiten, besser vernetzen und weiter voranbringen?

Die Digitalisierung kann in der landschaftsarchitektonischen Praxis in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden, um den Gestaltungsprozess zu verbessern und zu beschleunigen. Durch den Einsatz von Drohnen und Satellitenbildern können Geländedaten erfasst und in 3D-Modellen u.a. visualisiert werden, was zu einer besseren Planung und Gestaltung von Landschaften führt. Neben der Visualisierung ist eine automatisierte Übernahme von einfachen strukturierenden Aufgaben erstrebenswert; diese können inhaltlicher und organisatorischer Natur sein. Auch bei der BIM-Methode und im Bereich des algorithmischen und parametrischen Entwerfens gibt es bereits jetzt intelligente Lösungen, die wir bei der Landschaft ID mehr und mehr versuchen einzusetzen.

Eine weitere Möglichkeit sehen wir in der Verwendung von VR-Technologien, um Auftraggebern und anderen Beteiligten ein realistisches Bild von der geplanten Landschaft zu vermitteln. Durch die Simulation von Licht- und Schatteneffekten sowie von Umgebungsgeräuschen können Bauherren ein besseres Verständnis für das geplante Projekt gewinnen.

Im Bereich der Landschaftsarchitektur sollten bei der Verwendung von KI und digitalen Arbeitsmethoden ebenfalls klare Regeln und Werte gelten. Zu diesen Werten sollten Nachhaltigkeit, Ökologie und die Berücksichtigung von Standortbedingungen gehören. Es ist wichtig sicherzustellen, dass die gestaltete Landschaft nicht nur ästhetisch ansprechend ist, sondern auch die Bedürfnisse der Menschen und der Umwelt berücksichtigt. Den menschlichen Grundrechten ist stets Vorrang einzuräumen. Dafür bedarf es einer menschlichen Kontrollinstanz bei der Verwendung von intelligenten Systemen.

Technik ist nie neutral und wertfrei. Welche Werte und Regeln sollten mit dem Einsatz von KI und digitalen Arbeitsmethoden verbunden werden?

Daniel Theidel, 2010 B. Eng. Freiraumplanung Osnabrück, 2013 M. SC. Landschaftsarchitektur Hannover, 2016 Wissenschaftliche Mitarbeit Hochschule Osnabrück/W LA, Veröffentlichung DLA 2021 „Searching for New Ways to Design Landscape“ und Springer VS „Methoden visueller Kommunikation in räumlicher Planung“, 2022 Gründung landschaft ID GmbH, Information und Design in der Landschaftsarchitektur.

Friedrich von Roth, 2019 M.Eng. cand. Landschaftsarchitektur, BIM-Modellierung, 2021-23 Wissenschaftliche Mitarbeit Hochschule Osnabrück/CAD, 2022 landschaft ID GmbH, 2023 M. Eng. Landschaftsarchitektur Osnabrück.