Julia Erdmann
JES
Was bedeutet „Stadt“ für Sie?
Stadt bedeutet für mich vor allem Raum und Mensch. Genau in dieser niemals zu trennenden Verbindung. Denn Räume beeinflussen unser Leben auf immer noch unterschätzte Weise. Doch leider ist das, was wir heute bauen, längst nicht immer das, was wir für ein bewegtes, gesundes und selbstbestimmtes Leben brauchen.
Warum hat der Autoverkehr immer noch Priorität? Warum sind Innenstädte nach Ladenschluss so ausgestorben? Warum wirken Neubauten so öde und austauschbar? Warum können sich genau die Bewohner, die für Vitalität sorgen, das Leben in der Stadt kaum noch leisten?
Ich komme aus Hamburg und habe das Privileg einem der größten Städteplaner nah zu sein: Fritz Schumachers Erbe, die Stadt als „Organismus“ zu betrachten, ist mir ein wichtiges Anliegen. Und so ist „Stadt“ für mich die Motivation jeden Tag verantwortungsvoll zur Verbesserung beizutragen und dafür zu sorgen, dass zukunftsfähige Quartiere, Orte, Gebäude und Räume entstehen, in denen sich die Bewohner nicht nur befinden, sondern wohl-befinden.
Was bedeutet „modern“ für Sie?
Im heutigen Sinne ‚modern’ bedeutet für mich eigentlich genau das Gegenteil seiner radikalen
Anfänge um 1900. Es bedeutet ein Anknüpfen an die durchmischte, europäische Stadt, aber mit sozialen und architektonischen Innovationen. ‚Modern’ ist für mich daher eine unkonventionelle Architektur, die den Menschen im Blick hat und das echte Stadt-Leben verbessert. Unsere Zeit ist geprägt von grundlegendem Wandel: Arbeit, Wohnen, Konsum, Mobilität, Industrie… und die vielfältigen Veränderungen erfordern eben auch eine veränderte Stadtstruktur, neue Architektur und innovative Prozesse. Aus dem tiefen Einblick in diese Zusammenhänge mit visionärem Ausblick für die Zukunft etwas Neues zu schaffen, das uns als Gesellschaft einen Schritt weiter nach vorne bringt, ist für mich fortschrittlich und in diesem Sinne modern.
Was bedeutet „nachhaltig“ für Sie?
Nachhaltig bedeutet für mich vor allem gesund wachsend und lang lebend: wenn (Stadt)Räume und Gebäude sich über einen langen Zeitraum für unterschiedlichste Benutzungen eignen und wenn die Adaption an neue Verhältnisse einfach und ohne großen Ressourceneinsatz möglich ist. Wie nachhaltig sind aber unsere aktuellen Neubauten wirklich? Warum kann ich hier nur Wohnen, da nur Arbeiten? Muss wirklich alles so festgelegt sein? Wie kann natürliches Wachstum und Anpassung ermöglicht werden? Wo können Lücken und Brüche zugelassen werden, die die Menschen selbst mit ihren und sozialen Milieus und Arten der Benutzung prägen? Genau das bedeutet für mich nachhaltig: das Schaffen und Pflegen von Quartieren und Gebäuden, die mit ihren Benutzern gesund wachsen, sich entwickeln und lange leben: Die Stadt als Organismus.
Julia Erdmann (*1976 in Hamburg) studierte Architektur und Stadtplanung in Hamburg, New York und Barcelona. Bis 2016 wirkte sie als Architektin und Mit-Geschäftsführerin bei Stephen Williams Associates in Hamburg. Bei dieser Zusammenarbeit entstanden das 25hours Hotel Hafencity, die Headquarters für Jung von Matt sowie für Twitter und Facebook und weitere ‚inclusive places’: Räume, die Menschen einbinden und zusammenbringen.
2017 gründete sie JES, um dafür zu sorgen, dass der Mensch in den Fokus des Bauens rückt und wertvolle neue Lebensräume entstehen: lebenswert für ihre Benutzer und dadurch von Mehrwert für ihre Eigentümer.
JES ist dabei nicht nur Name, sondern Programm: Für eine optimistische Haltung, innovative Prozesse und zukunftsgewandte Ergebnisse in der Architektur.
Richtungsweisend ist auch die Arbeitsmethode: JES ist ein agiles Netzwerk talentierter Vordenker mit Expertise in Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung, Immobilienwirtschaft, Soziologie etc. Im „Social-Network-Modus“ werden komplexe Fragestellungen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und so flexible und schlagkräftige Kooperationen für das jeweilige Projekt gebildet.
Für Eigentümer & Entwickler, Städte & Kommunen öffnet JES den Blick für neue Perspektiven, entwickelt Visionen, erstellt Masterpläne und führt Ko-Kreative Prozesse durch. So entstehen Quartiere, Orte, Gebäude und Räume, zu denen jeder sagen kann:
YES!