HHF Architekten
Das Einfache liegt dem Komplexen zu Grunde
Aus dem KAP Magazin #8

Standort: Basel
Gründungsjahr: 2003
Inhaber: Tilo Herlach, Simon Hartmann, Simon Frommenwiler
Schwerpunkte: Architektur und Städtebau
Mitarbeiter: 25 – 30
hhf.ch

Beitrag aus dem KAP Magazin #8

28.02.2013
EINBLICKE #02
3×30 Minuten

Natürlich hütet jedes Büro sein Geheimnis, etwas, das den Erfolg ausmacht und eben nie ganz zu erklären ist, im Gegensatz zu einem ausgefeilten Ablagesystem für Daten. Vielleicht liegt ein Teil dieses Geheimnisses von HHF Architekten Basel an einem gewissen Ungenügen, einer inneren Unruhe, die sich nicht zufrieden gibt mit dem Naheliegenden, der sicheren Lösung, der vertrauten Umgebung oder bekannten Materialien. Tilo Herlach, 40, Simon Hartmann, 39, und Simon Frommenwiler, 40, arbeiten und denken international und sind gedanklich längst über Basel, die Schweiz, Mitteleuropa hinausgewachsen. Sie vernetzen und schlagen Wurzeln in anderen Erdteilen, anderen Kontexten, anderen Mentalitäten.

Auf der Homepage von HHF findet sich ein schönes Arbeitsfoto der drei Inhaber am Besprechungstisch. Im Hintergrund Tabellen, Aufrisse, Simulationen, doch die drei sind abgetaucht in eine eigene Welt. Sie bereden einen Entwurf, der für den Betrachter unsichtbar auf Simon Frommenwilers Notebook liegt. Drei konzentrierte Blicke, drei Haltungen. Tilo Herlach wirkt wie auf dem Sprung, Simon Hartmann stützt seinen Arm lässig auf die Stuhllehne, während Simon Frommenwiler hoch konzentriert am Notebook präsentiert. Kabel quellen unter dem Rechner hervor, laufen auf den Betrachter zu, scheinen die Gedanken der drei zu verbinden mit der Welt. Ja, dieses Bild fängt etwas von der Atmosphäre ein, die bei HHF herrscht. Lässigkeit braucht Präzision. Und umgekehrt.

»Wie sollte man ihre Arbeiten anders beschreiben als eine unglaubliche Mischung aus, ja, das klingt nun wie ein Klischee, schweizerischer Präzision und enormer Freiheit.«

Wie sollte man ihre Arbeiten anders beschreiben als eine unglaubliche Mischung aus, ja, das klingt nun wie ein Klischee, schweizerischer Präzision und enormer Freiheit.

Oder sollte man sagen: Offenheit für den Ort und seine Menschen? Ihre Häuser, Pavillons und Entwürfe für den öffentlichen Raum sind eben nicht nur stringent an einer Entwurfsidee ausgerichtet (Öffnung und Licht, Tragen und Befreien, Ordnung und Brechung derselben), sondern vielschichtig. Da ist oft eine faszinierende Form, etwa der Aussichtspunkt für die populäre Pilgerroute Mexikos, die »Ruta Peregrino« im Bundesstaat Jalisco: scheinbar schnell zu erfassen, doch vertrackt in der Überschneidung mehrerer Kreissegmente, die bei näherer Betrachtung immer komplexer, reicher werden, eher einem Rhythmus im Raum gleichen als einer festgezurrten Konstruktion. Man kann es auch umgekehrt auffassen, und das macht zu keinem geringen Teil den Reiz vieler Projekte aus. Da ist eine hoch komplexe Raumfügung aus verschnittenen Ellipsoiden, Kreissegmenten und Linien. Diese Überlagerung regt an, um die Ecke zu blicken, neue Perspektiven in sich aufzunehmen. Und was steckt dahinter? Ein ganz rational geplanter Bau, der sich wie eine Fibonacci-Schnecke in die Höhe entwickelt und die Besucher förmlich nach oben reißt.

Nirgends lässt sich das mit solcher Bestimmtheit sagen wie beim »Baby Dragon«, einer Spielskulptur für Kinder innerhalb des »Jinhua Architecture Park«. Ein geheimnisvolles Gebäude erhebt sich, ein Pavillon, eine Gräberwand? Auf jeden Fall Beton mit rötlichen Zuschlagstoffen, perforiert wie ein – Pardon – Schweizer Emmentaler. Elf verschiedene Formen machen das Repertoire aus, wodurch »nahezu unendliche Kombinationsmuster möglich sind«. Ähnliches lässt sich über das Modezentrum »Labels 2« in Berlin sagen, das verwirrend und einfach zugleich auftritt. Tragwerk und Fassade sind eine Variation über zwei verschieden geschnittene Sinuskurven. Die NZZ jubelte: Für die Architekturszene Berlins sei »Labels 2 Meilenstein und Signal des Aufbruchs zugleich.« Abschließend meint Hubertus Adam: »HHF zählen zu den hoffnungsvollsten Talenten der jungen Schweizer Architektur.« Das war 2010, und längst sind aus den Hoffnungsträgern Baumeister von internationalem Rang geworden.

Von Oliver Herwig