Andreas Niessen
Schulleiter Geschwister-Scholl Gymnasium Pulheim

“Häuser bauen Menschen – Schulhäuser prägen Kinder, Jugendliche und Erwachsene”. 3 Thesen zur aktuellen Situation der Schulhäuser in Deutschland

1.
Die in fast allen Schulgebäuden anzutreffende Struktur der Flurschule mit normierten Klassenräumen und Fachräumen zementiert eine Pädagogik, die nicht mehr zeitgemäß ist im Hinblick auf die Förderung und die Kompetenzentwicklung junger Menschen, die in eine globalisierte, digitalisierte und in vielfacher Hinsicht von Heterogentität geprägte Welt hineinwachsen. Diese Struktur verweist auf hierarchische, normierte, nicht-partizipative und nicht-inklusive Schul- und Lernkulturen des 19. und 20. Jahrhunderts, die auch weiterhin in vielen Bereichen das Schulsystem in Deutschland prägen.

2.
Der Großteil unserer Schulgebäude ist nicht konzipiert für Schule im Ganztag, für Teamarbeit der Erwachsene, für Inklusion und für die Gestaltung differenzierter Arrangements des selbstgesteuerten und kooperativen Lernens.

3.
Der bauliche, ästhetische und funktionale Zustand vieler Schulhäuser in Deutschland drückt eine erschreckend geringe Wertschätzung aus gegenüber der Bedeutung von Bildung insgesamt, der Arbeit der in Bildung tätigen Erwachsenen und den in ihrer Entwicklung befindlichen Kindern und Jugendlichen.

Schulen umbauen, Schulen neu bauen – eine Aufgabe für eine Generation.

1.
Der Lebenszyklus vieler Schulen, die in den Jahren der Bildungsexpansion vor etwa 50 Jahren gebaut worden sind, ist abgelaufen. Wir stehen vor der Aufgabe, den Großteil unserer Schulen zu sanieren und umzubauen. Diese Chance gilt es nutzen im Hinblick auf Energieeffizienz, Digitalisierung und vor allem auf die pädagogischen Erfordernisse (Ganztag, Inklusion, individualisiertes und cooperatives Lernen).

2.
Zugleich besteht aufgrund der demografischen Entwicklung insbesondere in den Ballungsräumen die Notwendigkeit, neue Schulhäuser zu errichten.

3.
Im Sinne der Gewährleistung sozialer Gerechtigkeit und dem im Grundgesetz festgeschriebenen Anspruch auf Gleichheit der Lebensverhältnisse gilt es außerdem die Lücke zu schließen zwischen Bundesländern, Regionen und Kommunen, die aufgrund der wirtschaftlichen Situation in der Vergangenheit bereits viel in ihre Schulen investiert haben, und solchen, die dazu finanziell und / oder personell nicht in der Lage sind.

4.
Die Bewältigung dieser Aufgaben erfordert die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Menschen aus unterschiedlichen Professionen. Pädagog_innen, Architekt_innen, Städteplaner_innen, Soziolog_innen sowie die Expert_innen aus den kommunalen Verwaltungen und den Schulbehörden stehen vor der spannenden Herausforderung, in einem partizipativen Prozess gemeinsam mit Schulgemeinschaften und den politisch Verantwortlichen die Schullandschaften für die nächsten Schülergenerationen zu gestalten.

Andreas Niessen: Biografische Daten / Ausbildung / beruflicher Werdegang

geboren am 12. März 1965 in Koblenz
1971 – 1974: Grundschule Asselbachstraße in Troisdorf-Spich
1974 – 1983: Gymnasium Altenforst in Troisdorf (Abitur)
1984 – 1988: Studium an der Hochschule für Musik und Tanz Köln (Studiengang Instrumentalpädagogik, 5 Semester, ohne Abschluss)
1985 – 1986: Zivildienst im Alfred-Delp-Altenzentrum der Arbeiterwohlfahrt in Troisdorf (20 Monate)
1988 – 1994: Lehramtsstudium in den Fächern Geografie und Musik an der Universität Köln sowie an der Hochschule für Musik und Tanz Köln (1. Staatsexamen)
1994 – 1996: Referendarsausbildung am Studienseminar Köln (Ausbildungsschulen: Edith-Stein-Realschule Köln-Nippes, Dreikönigsgymnasium Köln-Bilderstöckchen), 2. Staatsarbeit zum Thema ‚Filetstück oder Altlast? Nutzungskonflikte um die Fläche des ehemaligen Bundesbahnausbesserungswerks Köln-Nippes‘, ausgezeichnet mit dem Dr. Prill-Preis der Gesellschaft für Erdkunde zu Köln

1996 – 1997: Vertretungsstelle an der Kaiserin-Augusta-Schule Köln
1997 – 2003: Studienrat / Oberstudienrat am Abtei-Gymnasium Brauweiler
2003 – 2007: stellvertretender Leiter des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Pulheim
seit 2007: Leiter des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Pulheim

ehrenamtliche (Vereins-)Tätigkeiten u. a. im Verkehrsclub Deutschland (Ortsgruppe Köln), in der Pfarrei St. Agnes Köln, in der ‚Jungen Sinfonie Köln‘ e. V.  sowie im Schulverbund ‚Blick über den Zaun‘ (s. II.3)

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Architektur & Bildung