DREI FRAGEN ZU CORONA AN …
NATHALIE DE VRIES

Wie verändert Corona Ihre Arbeit aktuell?

Da wir weltweit arbeiten, haben wir die Krise vorhergesehen und sind als Büro schneller in die Selbstisolation gegangen, als die Niederländische Regierung empfohlen hat. Wie das ganze Büro arbeite ich jetzt auch von Zuhause. Da auch die Schulen geschlossen sind, müssen viele Mitarbeiter im Moment wahre Wunder verrichten, gleichzeitig online arbeiten, den Haushalt machen und die Kinder unterrichten. Das betrifft mich auch, von der anderen Seite: An der TU Delft unterrichte ich jetzt via Brightspace und Zoom.

Welche Einflüsse in Folge der Corona-Pandemie erwarten Sie bis Ende 2020?

Wir arbeiten mit verschiedenen Szenarien und wir hoffen im Moment noch auf das Beste, dass sich alles Ende des Jahres wieder legt. Wir sehen schon, dass sich die Auftragslage in China wieder erholt. Sorgen macht mir die Verschiebung von wirtschaftlichen Werten von Regionen weltweit. Welche Wirtschaft passt sich an und welche wird langfristig leiden?

Was müsste sich aus Ihrer Sicht ändern?

Never waste a good crisis. Für unser Büro war es ein Lackmustest: Können wir auch arbeiten ohne zu reisen, können wir Face-to-Face ersetzen durch digitale Kommunikation, und klappt das auch noch bei so einem großen Büro? Auch für die Uni gilt das: Allein schon nicht nach Delft zu reisen (20 Kilometer), spare ich pro Tag eine Stunde. Das ist zwar effizient, aber die Studenten brauchen Inspiration so wie soziale Kontakte und die gegenseitige Inspiration, aber auch Konkurrenz.
Was sich nicht geändert hat, sind die großen Aufgaben, die wir in der Welt haben, nach wie vor: Wir brauchen mehr Aufmerksamkeit für das Gemeinwohl in unserem Lebensumfeld. Die Covid-19 Krise zeigt, wo in unserer Gesellschaft mehr soziales Denken gefragt ist und auch spontan geliefert wird. Dabei sollten wir als Architekten eine Rolle spielen.
Das Gleiche gilt für Nachhaltiges Bauen, das ist langfristiges Denken, und darin liegt wirklich eine große Herausforderung.
Ich habe zum ersten Mal seit 9/11 den Himmel über der Randstad ganz ohne Kondensstreifen gesehen, die furchtbare Luftverschmutzung, mit der wir in den Niederlanden kämpfen, ist dramatisch gesunken, das gibt Stoff zum Nachdenken. 

Nathalie de Vries
MVRDV
www.mvrdv.com